Grußwort zur Saison 2022/2023

Liebes Publikum,

keine Frage, Musik ist eine Sprache, die man überall versteht. Andererseits konnte der Hamburger Musiker und Literat Johann Mattheson schon 1713 detailliert über regionale stilistische Unterschiede in der italienischen Barockmusik sinnieren. Ein Venezianer wird anders setzen als ein Toskaner, dieser wieder anders als ein Neapolitaner oder Sizilianer.

Lassen sich solche Unterschiede auch aus der historischen Distanz von mehr als 300 Jahren noch wahrnehmen? Die neue Saison des Forum Alte Musik Köln bietet mehrfach Gelegenheit, dem nachzuspüren, etwa bei Antonio Vivaldi und Giovanni Legrenzi, Alessandro und Domenico Scarlatti, Giovanni Bononcini und Arcangelo Corelli. Aber auch zu erfahren, wie ihre deutschen Zeitgenossen Georg Philipp Telemann, Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel Italienisches imitierten oder an die eigenen Vorstellungen anpassten.

Der Tenor Georg Poplutz und das Ensemble Klangschmelze um den Flötisten Leonard Schelb bringen dazu im heutigen Eröffnungskonzert ebenso ihre Ideen mit wie Daniel Ahlert auf der Mandoline und Léon Berben am Cembalo im November, das Ensemble Polyharmonique im Januar, der Sopranist Bruno de Sá mit der Blockflötistin Dorothee Oberlinger und ihrem Ensemble 1700 im März.

Doch warum in der Barockzeit bleiben? Die Schalmei-Spielerin Katharina Bäuml und ihre Capella de la Torre präsentieren im Dezember reizvolle Christmas Contrasts aus dem Italien der Renaissance, und die Josquin Capella um Meinolf Brüser zeigt im Juni, wie international das Ensemble in der Sixtinischen Kapelle des Vatikans schon im 15. und 16. Jahrhundert aufgestellt war. Dass sich das Musikleben nun nicht immer und überall so deutlich an Italien orientierte, wird spätestens beim Blick auf die beiden weiteren Konzerte der neuen Spielzeit deutlich. Das Mittelalter-Ensemble Ars Choralis Coeln um Maria Jonas lässt sich im Oktober auf die instrumental begleiteten geistlichen Gesänge des Heinrich von Meißen aus der Zeit um 1300 ein, und das Schuppanzigh-Quartett veranschaulicht im Mai das kammermusikalische Beziehungsgeflecht zwischen Ludwig van Beethoven, Ferdinand Ries und Fanny Hensel.

So bewegen sich die Konzerte des Forum Alte Musik Köln in der neuen Saison durch ein Repertoire aus sechs Jahrhunderten. Und wieder verteilen sie sich auf die vertrauten Spielstätten. Neben dem WDR-Funkhaus öffnet sich das benachbarte Museum für Angewandte Kunst wieder unseren Künstlerinnen und Künstlern, ebenso die Trinitatiskirche und die Basilika St. Ursula. Alle acht Konzerte werden selbstverständlich auch wieder im Kulturradio WDR 3 zu hören sein.

Unser besonderer Dank gilt an dieser Stelle wieder Ihnen, unserem Publikum, das dem Forum Alte Musik Köln schon seit mehr als zwei Jahrzehnten Treue hält, und ebenso allen unseren Partnern und Förderern, ohne die solch eine Konzertreihe gar nicht stattfinden könnte.

Dr. Richard Lorber
WDR 3
Maria Spering
musik + konzept e.V.